Der Landkreis Nordhausen in Nordthüringen gehört seit über 150 Jahren zu den Abbauschwerpunkten für Naturgips in Deutschland.
Die Thüringer Landesregierung hat im Koalitionsvertrag von 2009 zwar die Absicht „keine weitere Verritzung für den Gipsabbau zuzulassen“ festgehalten, doch leider sieht dies in der Realität oftmals anders aus. Durch Erweiterungen bestehender Abbaufelder oder Flächentausch wird versucht die Vereinbarungen zu unterlaufen.
Wir wenden uns gegen den weiteren Raubbau an den natürlichen Rohstoffen und setzen uns für Alternativen ein, die auch den Erhalt der Arbeitsplätze zum Ziel haben. Mit dem Einsatz von REA-Gips und Gipsrecycling bestehen bereits seit vielen Jahren technisch ausgereifte und ökonomisch sinnvolle Optionen um den Naturgipsabbau zurückzudrängen.
Gipskarst - einmaliger Lebensraum
Auf etwa 100 km Länge aber nur wenigen Kilometern Breite erstreckt sich die Südharzer Gipskarstlandschaft an der Südabdachung des Harzes. Hier finden sich vielfältige Karsterscheinungen wie Erdfälle, Dolinen, Höhlen und Bachschwinden, die in so hoher Anzahl auf engsten Raum einmalig in Europa sind. Das Gipskarstgebiet im Südharz ist das größte und bedeutendste Gipskarstgebiet in Mitteleuropa.
Diese Besonderheit ist das Ergebnis von geologischen und klimatischen Prozessen, welche vor etwa 250 Millionen Jahren ihren Anfang genommen haben und bis heute andauern. Dadurch ist ein vielfältiges Mosaik an Lebensräumen entstanden, in dem unterschiedlichste Arten eine Heimat gefunden haben. Selbst Relikte der Eiszeit konnten hier bis heute überdauern. Zahlreiche gefährdete und seltene Arten sind hier Zuhause. Dazu zählen mindestens zwölf Fledermausarten, die in den Karsthöhlen Unterschlupf finden. Die Wildkatze erreicht in der Südharzer Gipskarstlandschaft maximale Siedlungsdichten, denn reich strukturierte Buchenwälder dienen ihr sowie dem Uhu als Lebensraum. Zahlreiche Amphibien finden in den wassergefüllten Erdfällen, in Schluchtwäldern oder Quellsümpfen ihre Heimat.
Doch die Gipskarstlandschaft ist bedroht, denn Gips ist ein begehrter Rohstoff und dass bereits seit dem Mittelalter. Was klein begann, wuchs im Zuge der Industrialisierung zu einem umfassenden und landschaftszerstörenden Industriezweig heran. Heute wird das „weiße Gold“ mittels Sprengungen und Schwertechnik der Natur entrissen. An vielen Stellen haben große Gipskonzerne daher bereits gigantische Krater in die Landschaft getrieben.
Ein fortschreitender Abbau hätte nicht nur die Zerstörung einer einzigartigen Landschaft zur Folge, sondern würde die Entwicklungsperspektiven einer ganzen Region vernichten.
Projekt: Netzwerke für den Gipskarst
Für die Umsetzung des Projekts haben sich die drei Gipskarst-Bundesländer Thüringen, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen zusammengeschlossen. Über umfangreiche Aktionen und Maßnahmen soll die breite Bevölkerung über den Wert und die Bedeutung des Gipskarstes informiert und zu ihrem Schutz sensibilisiert werden. Ihr Erhalt ist nicht nur für die Geo- und Biodiversität, sondern auch für die natürlichen Laubwald- und Offenland-Lebensräume, für Klimaschutz, Erholung und Tourismus, Land- und Forstwirtschaft und anhängende Gewerke von enormer Wichtigkeit.