BUND Kreisverband Nordhausen

Rückblick BUND-Einsatz 183-Bergwiese-ehem DDR-Grenze Jägerfleck

04. März 2024

Foto: Bodo Schwarzberg

An historischer Stelle, direkt auf dem ehemaligen Kontrollstreifen an der ehemaligen DDR-Staatsgrenze am Jägerfleck, haben wir, fünf BUND-Mitglieder sowie Freunde der Einsätze, heute ca. 1.200 m² Bergwiese gemäht. Der frühere Kontrollstreifen zwischen Kolonnenweg und Grenzzaun wurde vor 1990 normalerweise frei von Pflanzenwuchs gehalten, um die Spuren grenzfremder Personen sehen zu können. Nach dem Mauerfall haben sich dort interessante Pflanzengesellschaften entwickelt, die heute, sofern nicht mit Gehölzen zugewachsen, im Harz oft die Pflanzenwelt typischer Bergwiesen (z.B. Goldhaferwiesen und Borstgrasrasen) repräsentieren.

Leider haben wir heute nur noch Relikte davon. 35 Jahre wurde das Grüne Band in Sonntagsreden als Hotspot der Biodiversität gelobhudelt (ich kann mich noch gut an erste Wortmeldungen dazu 1990 erinnern) und man hat es, in oft üblicher Ermangelung einer Einheit von Wort und Tat, vielfach zuwachsen und wirtschaftlich nutzen und dadurch von der umgebenden, intensiv genutzten Landschaft kaum noch unterscheiden lassen. 

Es gab gerade am so legendären Jägerfleck an der B4 und dem Dreiländereck in den letzten zehn Jahren keinerlei mir bekannte wirkliche Bemühungen (nicht einmal dort!), wenigstens einen kleinen Teil der auf magerstem Grund sich etabliert habenden Bergwiesen zu erhalten. Das macht mich einfach nur wütend. "Nationales Naturmonument" nach 35 Jahren. Sicher kann man sagen: Besser jetzt, als nie. Aber wahrscheinlich werden  nun weitere Jahre vergehen, bis sich vielleicht irgendwann mal dort etwas im Sinne des praktischen Naturschutzes tut in diesem überbürokratisierten Deutschland und Thüringen.

Die Thüringer Regierung hätte nach so langer Zeit des Wenigtuns ERST praktische Maßnahmen zur Erhaltung der Biodiversität dort  organisieren müssen und erst dann einen Auflauf hochkarätiger Leute am Jägerfleck zulassen bzw. organisieren dürfen, wie um die Ausrufung des Naturmonuments geschehen.

Die noch 2022/23 gemulchte (!) Relikt-Bergwiese am Kolonnenweg (=Kontrollstreifen der ehemaligen DDR-Grenze) haben wir heute in 6 Stunden auf ca. 1.200 m² gemäht und beräumt (siehe Fotos vorher / nachher).

An Randbereichen entfernten wir junge Gehölze. Wohl erstmals seit Jahren haben wir damit eine extensive Bewirtschaftung dieses stellenweise noch artenreichen Bereiches.

Kleinere Erschwernisse des Einsatzes resultierten vor allem aus dem während der gesamten Einsatzdauer präsenten Nieselregens und der damit verbundenen Schwere des Mähgutes. Selbiges lagerten wie in Randbereichen ab. So war dies bei der traurigen Begehung mit UNB, Forstamt und Grünen-Band-Vertretern im letzten Herbst besprochen worden, bei dem ich der einzige (ehrenamtliche) Teilnehmende war, der kurzfristige Bewirtschaftungszusagen machen konnte.

Immerhin muss man dem Forstamt zugute halten, dass es einen kleinen Teil des damals Besprochenen umgesetzt hat. So wurde ein Stammholzlager zum großen Teil entfernt, so dass sich die Bergwiesenvegetation ein wenig ausbreiten kann. Es steht aber weiterhin die Entfernung einer Anzahl jüngerer Gehölze im ehemaligen Kontrollstreifen an, die bei der Begehung im Herbst '23 vereinbart worden war.

Ich werde übrigens vorschlagen, dass die verbliebenen Stammholzstücken als Begrenzung der Kontrollstreifen-Bergwiese am Kolonnenwegrand abgelegt werden, da es dort wegen des Dreiländersteins und einer Harzer WANDERnadel (die, wir haben es heute erlebt, gern angeFAHREN wird) einen gewissen Publikumsverkehr gibt.

Wir verbrachten eine eine schöne Mittagspause unter trockenen Bedingungen in der massiven Schutzhütte am Jägerfleck. Die Frage ist natürlich nicht unberechtigt, wie lange diese relativ wettergeschützte Hütte noch steht. Denn immermehr der alten, wettergeschützten (Finnhütten) werden ja im Landkreis Nordhausen durch zugige Bänke mit Dach ersetzt. - Wahrscheinlich um auch noch die letzten Wandertouristen abzuschrecken.

Bis März/April  sind, in Ermangelung staatlicher Akteure, noch mindestens zwei Einsätze am Jägerfleck notwendig. Einer NO der B4 in unmittelbarer Nähe des Dreiländersteins. Auch dort gibt es noch letzte, seit Jahren ungemähte Bergwiesenreste u.a. mit der bereits erwähnten, deutschlandweit seltenen Hallers Schaumkresse. Und im äußersten Nordwestteil der Glashüttenwiese u.a. mit einem Reliktvorkommen des Teufelsabbiss (Succisa pratensis), die ja laut Herrn Taeger von der UNB nun auch noch mit Rindern beweidet werden soll, da es ja in Thüringen nach seiner Aussage im Gegensatz zum benachbarten Sachsen-Anhalt keine andere Möglichkeit geben soll.   

Wir werden das, was passiert, definitiv genau verfolgen.

Mein besonderer Dank geht an die vier Enthusiasten, die heute trotz des andauernden Nieselregens durchhielten, die sich mit zwei Freischneidern durch die meist dem Boden aufliegende Pflanzenmasse und das wirklich schwere Mähgut durchkämpften und die so diese vernachlässigte Bergwiese an historischer Stelle nach Jahren erstmals wieder auf einen naturschutzfachlich sinnvollen Weg gebracht haben. Ein Teilnehmer war zum ersten Mal bei einem unserer Einsätze, was zeigt, dass es Interesse bei unseren Mitmenschen gibt, sich aktiv am Artenschutz zu beteiligen.

Allerdings hege ich die Befürchtung, dass die Behörden und die Verwalter des Grünen Bandes schnell davon ausgehen könnten, dass wir ihnen kostengünstig weiterhin die Arbeit abnehmen werden.

Ich werde ihnen aber schreiben, dass genau das nicht die Intention des heutigen Einsatzes war. Sondern der Startschuss und eine Motivationsversuch aller "Verantwortlichen", nun endlich den vielen schönen Worten der letzten 35 Jahre auch Taten folgen zu lassen.

Für mich persönlich war der heutige Einsatz bzw. ist der Jägerfleck auch deshalb etwas Besonderes, da mein Großvater, Dr. Gerhard Schwarzberg (gest. 1984) den Jägerfleck als einen geradezu imaginären, unerreichbaren Punkt im Harz geschildert hatte, an dem er, als passionierter Wanderer und leidenschaftlicher Harzkenner zuletzt in den 50er Jahren gestanden hatte und der es nie verwinden konnte, ab 13. August 1961 nicht mehr über Rothesütte und Benneckenstein zu seinem geliebten Brocken und sein geliebtes Schierke fahren zu können. 

Bodo Schwarzberg

BUND Nordhausen 

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